Unsere Renten nachhaltig absichern

Fast ein Jahr nach der ersten nachgewiesenen Infektion hat SARS-CoV-2 die politische Aktualität weiterhin fest im Griff. Diese mediale Dominanz der Pandemie hat die Klimakrise in den Hintergrund gerückt. Dabei hat sie nicht an Dringlichkeit und Gefahr verloren – im Gegenteil. Der Verlust der Artenvielfalt ist weiterhin alarmierend, im brasilianischen Regenwald schreitet die Abholzung immer schneller voran und die Wälder Kaliforniens haben in diesem Jahr gebrannt wie nie zuvor. Nur wird im Moment weniger darüber geredet als noch vor ein paar Monaten.

Dabei braucht die Welt gerade jetzt eine entschlossene und ambitionierte Klimapolitik und die damit einhergehenden nachhaltigen Investitionen, um den Weg für eine klimaneutrale Gesellschaft zu ebnen. Allein die Umsetzung der Energiewende, ohne die es unmöglich sein wird, die Pariser Klimaziele zu erreichen, erfordert dem Weltklimarat zufolge bis 2035 weltweit jährliche Investitionen von über 2.000 Milliarden Euro. Dies entspricht etwa 2,5% des gesamten Bruttoinlandprodukts aller Staaten der Erde.[1] Ein gewaltiger Kraftakt also, zu dem jeder einen Beitrag leisten muss, auch in Zeiten von Corona.

Indem sie die Zuschüsse für Solarenergie, Energieeffizienz und erneuerbare Heizsysteme erhöht hat, weiterhin in hohem Maße in nachhaltige Mobilität und erneuerbare Energien investiert und für 2021 eine CO2-Abgabe einführt, hat die luxemburgische Regierung richtig reagiert und ein wichtiges Zeichen gesetzt.

Doch wenn Luxemburg einen konsequenten Beitrag zum Abwenden der Klimakrise leisten will, muss der Staat auch klima- und umweltschädliche Subventionen abbauen und in den Klimaschutz umlenken. Es geht um rund 460 Milliarden Euro, die weltweit bis 2050 jährlich aus fossilen Energien heraus und in erneuerbare Energien hinein investiert werden müssen.[2]

Fabricio Costa, Mitglied des Exekutivkomitees von déi jonk gréng

Gerade staatliche Pensionsfonds können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Sie verfügen über viel Kapital, welches über Generationen hinweg verwaltet und investiert wird und haben somit einen maßgeblichen Anteil an der Ausrichtung der Haushaltspolitik. So auch der 21 Milliarden schwere luxemburgische Pensionsfonds, der trotz einer Reihe von positiven Entwicklungen in den letzten Jahren weiterhin zum Teil in Unternehmen investiert, die hauptsächlich im Bereich der fossilen Energien oder der Atomenergie aktiv sind und nicht über eine nachvollziehbare Exit-Strategie aus fossilen Energien verfügen.

Dabei geht es hier um die Vorbildrolle des Staates und darum, dass es sich bei dem Geld um Rücklagen für die kommende Generation handelt – die Generation, die am Meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden wird, wenn wir heute nicht entschieden handeln. Auch nur einen Teil des Geldes in fossile Energien zu investieren, welches die Renten für die Zukunft langfristig sichern soll, ist ein klarer Widerspruch und angesichts der Klimakrise nicht tragbar.

Ähnlich verhält es sich bei der Atomenergie. Auch wenn sie aus klimapolitischer Perspektive weitaus weniger problematisch ist als zum Beispiel Kohle oder Erdöl, so handelt es sich dennoch um eine immer teurer werdende und nachweislich gefährliche Energiequelle, die durch den atomaren Müll, den sie verursacht, auch die kommenden Generationen noch lange belasten wird.

Welche Antworten braucht es hier? Einige europäische Pensionsfonds haben gezeigt, dass es anders geht, wie z.B. in Norwegen. Dort wurden klare Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt, anhand derer die Unternehmen, deren Aktivitäten sich hauptsächlich auf fossile Energien oder die Atomenergie konzentrieren, schrittweise aus den Investitionen ausgeschlossen werden.

Dem letzten Jahresbericht des luxemburgischen Pensionsfonds zufolge sind 8 Teilfonds des Fonds ESG-zertifiziert, was 6,7 Milliarden Euro entspricht. Diese Zahl stimmt auf den ersten Blick positiv. Auf den zweiten Blick muss man jedochfeststellen, dass es sich dabei nur um knapp ein Drittel des gesamten Kapitals des Fonds handelt und dass trotz der ESG-Zertifizierung viele Teilfonds weiterhin in nicht nachhaltige Unternehmen investieren. Hier gibt es also noch Luft nach oben.

Eine während der Corona-Krise veröffentlichte Analyse von Scope Analysis zeigt, dass Fonds, die in nachhaltige Finanzprodukte investieren, vergleichsweise besser durch die aktuelle Krise kommen, als Fonds ohne Nachhaltigkeitsfokus.[3] Diese Analyse ist nur eine von vielen, die zeigen, dass die Umorientierung der Investitionen hin zu mehr Nachhaltigkeit nicht nur aus klima- und umweltpolitischer Sicht sinnvoll ist, sondern auch was die Krisenfestigkeit der Anlagen und damit die finanzielle Rendite angeht. Also genau das, worum es beim Pensionsfonds geht, nämlich die Rentenreserven über Generationen hinweg zu garantieren.

Auch eine Erhöhung der Investitionen in bezahlbaren Wohnraum könnte Teil der neuen Nachhaltigkeitsstrategie des Pensionsfonds werden. Nur knapp 6% der Investitionen des Fonds sind momentan in Immobilien angelegt. Es besteht also enormes Potenzial, um die Reserven des Fonds für bezahlbaren Wohnraum zu mobilisieren, somit etwas gegen die Wohnungskrise zu unternehmen und gleichzeitig ein langfristiges zusätzliches Standbein für den Fonds aufzubauen.

Nicht nur aus sozialer Perspektive macht es Sinn, die Reserven des Pensionsfonds in bezahlbares Wohnen zu investieren. Auch finanzpolitisch ist es durchaus sinnvoll, das Portfolio des Fonds zu diversifizieren und somit die langfristige Sicherung der Rentenreserven nicht nur von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängig zu machen.

Es ist also an der Zeit, die Investitionsstrategie des luxemburgischen Pensionsfonds in Richtung Nachhaltigkeit anzupassen, mit ambitionierten Zielsetzungen, klaren Leistungsindikatoren und Transparenz. Gründe dafür gibt es genug. Auch an Ideen, wie man es umsetzen kann, fehlt es nicht. Nun ist es am zuständigen Minister, zu handeln.

 

 

[1] IPCC, 2018: Summary for Policymakers. In: Global Warming of 1.5°C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5°C. WMO, Geneva, Switzerland, 32 pp. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/sites/2/2018/07/SR15_SPM_version_stand_alone_LR.pdf

[2] McCollum, David L; Zhou, Wenji; Bertram, Christoph; de Boer, Harmen-Sytze; Bosetti, Valentina; et al.Nature Energy; London Vol. 3, Iss. 8,  (Aug 2018): 699-699. https://unfccc.int/sites/default/files/resource/367_Investments_Policy_Brief_2018-10-26.pdf

[3] Scope Analysis ist ein europäisches Unternehmen zur Bewertung von Fonds und Asset-Managern. Link zur Analyse: https://www.scopeanalysis.com/ScopeAnalysisApi/api/downloadstudy?id=286df008-65f1-4202-b55b-092aaee20a94

Veröffentlicht: 17:42 09/11/2020